Für Bitcoiner hat US-Präsident Donald Trump am Wochenende eine rote Linie überschritten. Gemeint ist nicht das Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selensky, sondern ein Post zur Krypto-Reserve.
Über die Demütigung von Selensky durch Trump und Vance herrscht unter Bitcoiner nicht nur in den USA, sondern auch in Europa kein Konsens, so erstaunlich das sein mag. Konsens herrscht dagegen über ein Post, das Trump eine gediegene Runde Golf später auf seiner Hausplattform Truth Social absetzte:
„Eine U.S.-Kryptoreserve wird diese entscheidende Branche nach Jahren der korrupten Angriffe durch die Regierung Biden wieder anheben, weshalb mein Dekret zu digitalen Assets die Arbeitsgruppe des Präsidenten anweist, die strategische Krypto-Reserve, die XRP ($2.64), SOL ($161.76) und ADA ($0.98) enthält, voranzutreiben. Ich werde dafür sorgen, dass die USA das Krypto-Capitel der Welt wird. Wir MACHEN AMERICA WIEDER GROSS!“
Und da war sie, die rote Linie. Ripple (XRP)? Solana (SOL)? Cardano (ADA)? Drei Shitcoins in der Reserve – aber kein Bitcoin?
Es wäre ja schon ein Skandal genug, dass die USA überhaupt daran denken, einen anderen Coin als Bitcoin für würdig halten, in eine Reserve einzufließen – aber dann auch noch Ripple, ein Coin, der brutal um Ripple Labs herum zentralisiert ist und, allen Anbiederungen an die Banken zum Trotz, auch nach Zehn Jahren keine Anwendung gefunden hat? Und Cardano, ein Coin, der durch endlos viele Videos mit Charles Hoskinson sein Meme pflegt, technisch irgendwie überlegen zu sein, während auch er keine echten Anwender hat? Und dann, als Sahnehäubchen, auch noch ohne Bitcoin?
Die Empörung der Bitcoin-Community war so groß, dass Trump sich gezwungen sah, ein weiteres Post hinterher zu setzen:
„Und natürlich werden BTC ($92,294.01) und ETH ($2,360.58), wie auch andere wertvolle Kryptowährungen, im Herzen der Reserve liegen. Ich liebe auch Bitcoin und Ethereum!“
Dann ist ja alles wieder gut, zumindest zum Teil. ADA und XRP bleiben große, Solana und Ether kleine Ärgernisse, aber, immerhin, Bitcoin ist dabei, im Herzen der Reserve, und genießt die Liebe des großen Präsidenten.
Aber nicht nur Bitcoin. Auch einige weitere Parteien scheinen in der Sache die Liebe des Präsidenten zu genießen. Oder ist es Zufall, dass genau die fünf Coins in die Reserve einfließen, die im Krypto-Index von Bitwise die größten Anteil einnehmen? Man könnte dies noch damit rechtfertigen, dass es mit die größten Coins sind, ausgenommen BNB ($604.34).
Schwerer wiegen dürften einige Bewegungen auf dem Markt. Die Ankündigung von Trump hat, wie zu erwarten war, die Preise der genannten Kryptowährungen rasant angehoben. Der Autor des Kobeissi Newsletters erhebt nun den Verdacht, dass jemand gewusst hat, was da im Ofen schmort, und seine Wetten entsprechend gesetzt hat.
Vor 24 Stunden habe jemand eine „ungewöhnliche“ Position eröffnet: ein „Long“ auf BTC und ETH, im Wert von 200 Millionen, 50-fach gehebelt. „Das bedeutet, ein Sturz von zwei Prozent würde 200 Millionen Dollar liquidieren“. Diese bemerkenswert risikofreudige Position in einer bis dahin haarigen Marktsituation hat sich kurz darauf ausgezahlt – Trump veröffentlichte sein Post zur Reserve, der Preis schoß hoch, und die Position machte einen sagenhaften Gewinn. „Hat jemand davon gewusst?“, fragt Kobeisse, eher rhetorisch. Beweisen kann man freilich nichts, aber wundern würde es nicht.
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Preis von Cardano (ADA) in den letzten 24 Stunden nach coinmarketcap.com.
Für den Preis von Bitcoin und Ether kam das Post wie vom Himmel geschickt. Bitcoin war am Freitag auf unter 80.000 Dollar gefallen, Ethereum auf 2.050 Dollar. Danach stiegen die Coins zwar wieder, aber nur schleppend, bei Bitcoin auf etwa 85.000 Dollar. Trumps Post schickte den Preis von Bitcoin dann auf über 94.000 Dollar, den von Ethereum auf mehr als 2.500.
Doch richtig zünden wollte die Rallye nicht. Bitcoin fiel seitdem wieder auf unter 92.000, Ethereum auf 2.350 Dollar. Der Zug wirkt weniger wie eine Starterhilfe, die den Motor in Gang setzt, als wie ein Strohfeuer, das den gegenwärtig wirkenden Marktkräften nur wenig entgegensetzen kann.